Als Bene heute den Briefkasten leerte, zog er zwei dicke Briefe vom Wahlregister heraus. Dass die Wahlunterlagen ab heute verschickt würden, hatte ich zwar im Radio gehört, aber dass diese dann auch schon heute bei uns eintreffen, damit hatte ich nicht gerechnet. Zu meiner Enttäuschung enthielt der Umschlag aber nicht die Einladung ins Wahllokal zu kommen, um über die neue Flagge abzustimmen, sondern es waren direkt die Briefwahlunterlagen darin. Wahrscheinlich ist es aber auch besser, wenn man sich alles zuhause in Ruhe durchlesen kann. Trotz des fehlenden Besuchs im Wahllokal finde ich die ganze Angelegenheit besonders spannend, da es ja die erste Wahl für uns in Neuseeland ist. Bei der Parlamentswahl letztes Jahr waren wir noch keine Permanent Residents gewesen und durften somit nicht mitwählen.
Im ersten Referendum zur Neuseeländischen Flagge soll man nun die fünf vom Flaggenkomitee ausgewählten Vorschläge nach eigenem Gefallen sortieren. Dazu war im Umschlag erst einmal das Anschreiben, dass einem erklärt, was man zu machen hat. Unten angeheftet war der Abschnitt, auf den man die Zahlen schreiben soll. Dann gab es einen frankierten Rückumschlag, in den der Abschnitt kommt. Zusätzlich dazu war aber auch noch eine Broschüre dabei, die einem die fünf Flaggen-Vorschläge näher erläutert. Was hat sich der Designer dabei gedacht und was bedeuten die Symbole und Farben darauf? Außerdem waren Beispielfotos darauf, wo man sehen konnte, wie jede einzelne Flagge an einem Fahnenmast oder neben Flaggen andere Länder aussehen würde, damit man es sich besser vorstellen kann. Und zu guter Letzt war noch ein Zettel dabei, auf dem die Anleitung zur Volksabstimmung in weiteren Sprachen geschrieben stand. Also, wo man die Zahlen hinschreiben soll, es in den Umschlag packen und zur Post bringen ohne Porto darauf zu kleben. Unter den 25 Sprachen war natürlich kein Deutsch dabei, aber wir verstehen es auch so. Neben Maori, Französisch und Spanisch handelte es sich hauptsächlich um asiatische Sprachen mit den unterschiedlichsten Schriftzeichen, die ich teilweise noch nie zuvor gesehen habe und mir auch weiterhin nicht bei jeder klar ist, um welche Sprache es sich handelt.
Bis zum 11. Dezember hat man nun Zeit sich Gedanken zu machen, falls man sich nicht schon längst entschieden hat. Wenn dann die Stimmen ausgezählt sind und aus den fünf Alternativvorschlägen der Beste ermittelt wurde, gibt es ab dem 3. März eine zweite Volksabstimmung, bei der der beste Vorschlag des jetzigen Referendums gegen die derzeitige Flagge antritt. Somit wird erst dabei entschieden, ob die Flagge überhaupt geändert werden wird.
Viele der Flaggen-Änderungsgegner haben schon angekündigt bei dem ersten Referendum entweder gar nicht zu wählen oder die am wenigsten wahrscheinliche Flagge zu wählen, welche angeblich Red Peak sein soll. Red Peak war offiziell nicht unter den vier Favoriten für das erste Referendum, wurde aber nach Unterschriftenaktionen und großem Medienaufkommen nachträglich hinzugefügt. Das Komitee versucht die Wähler jedoch davon zu überzeugen auch zu wählen, wenn man keine Änderung haben möchte, um seine Stimme nicht zu verschenken. Als Anreiz fällt dann immer wieder der Ausdruck „to be part of history“, also dass man durch die Teilnahme an der Wahl Teil der Geschichte wird!