Das Super Wahlwochenende

Am Sonntag, den 24. September, ist in Deutschland Bundestagswahl. Das hat sicher inzwischen jeder mitbekommen. Am gleichen Wochenende, nämlich am Samstag, den 23. September, finden in Neuseeland die General Elections statt. Für uns, die wir in beiden Ländern wahlberechtigt sind, ist es somit das „Super Wahlwochenende“! Da in Deutschland alle vier Jahre gewählt wird, in Neuseeland aber schon alle drei Jahre, kommt dieses Doppel-Ereignis auch nicht allzu oft vor.

 

Bundestagswahl in Deutschland

In Deutschland haben wir schon lange keinen Wohnsitz mehr angemeldet. Somit sind wir auch nicht mehr im Wählerverzeichnis eingetragen. Unser Wahlrecht haben wir dadurch jedoch nicht verloren. Es wird nur alles etwas umständlicher. Zuerst mussten wir den „Antrag auf Eintragung in das Wählerverzeichnis zur Bundestagswahl 2017 und Wahlscheinantrag gemäß § 18 Absatz 5 der Bundeswahlordnung für im Ausland lebende Deutsche“ ausfüllen, unterschreiben und nach Deutschland schicken. Das Porto für einen solchen Brief beträgt derzeit 2,70 NZD. Nach gut zehn Tagen kommt die Post gewöhnlich an.

Nachdem die Gemeinde, in der wir zuletzt gemeldet waren, den Antrag genehmigt hatte, bekamen wir die Briefwahl unterlagen zugeschickt. Wieder knapp zwei Wochen Postlaufzeit. Die Unterlagen unterscheiden sich dabei nicht von denen, die „normale“ Deutsche bekommen, die am Wahltag verhindert sind. Also geschwind zwei Kreuzchen gemacht und für 2,70 NZD wieder zurück nach Deutschland geschickt. Erneut muss damit gerechnet werden, dass der Brief zwei Wochen unterwegs sein wird. Alles in allem also ein zeitaufwendiges Unterfangen, das rechtzeitig angegangen werden muss, um seine Stimme fristgerecht abzugeben.

Das Super Wahlwochenende: die deutschen Briefwahlunterlagen

Meine Kollegen wollten unbedingt die Wahlunterlagen sehen, als sie ankamen. Ich lasse solche Unterlagen meist an meine Geschäftsadresse schicken. Man weiß ja nie, ob man nicht doch dafür unterschreiben muss. Sie waren von der „Piratenpartei“ ganz angetan und wollten, dass ich die wähle. Vermutlich fanden sie aber nur den Namen lustig. Auch „Die Partei“ und die „Veganer und Vegetarierpartei“ fanden sie äußerst amüsant. Die neuseeländischen Randparteien sind mit ihrer Namensgebung wohl eher unkreativ.

 

General Elections in Neuseeland

In Neuseeland läuft das alles etwas anders. Erst einmal muss man seinen Wohnsitz nirgends anmelden, was es problematisch mit der Zusendung der Wahlunterlagen macht. Eigentlich muss man sich beim Wahlleiter eintragen und die Adresse dort aktuell halten. Obwohl man dazu gesetzlich verpflichtet ist, gibt es keinerlei Konsequenzen, wenn man dies nicht tut und so machen sich viele die Mühe erst gar nicht. Deswegen macht der „Orange Guy“ viel Werbung in den Medien, auf Bushaltestellen und Plakaten an der Autobahn und geht sogar von Haus zu Haus, um die Leute dazu zu bringen, sich einzutragen.

Das Super Wahlwochenende: Der Orange Guy

Anderthalb Wochen vor der Wahl hatten wir unsere Wahlunterlagen im Briefkasten. Darin war eine Anleitung wie es geht, inklusive einem Kärtchen, der EasyVote Card, auf der mein Name und Adresse darauf stehen. Das soll ich beim Wählen abgeben, damit ich nicht buchstabieren muss. Ist aber optional. Zudem war eine Liste mit allen Parteien drin und den Abgeordneten in absteigender Reihenfolge. Bekommt eine Partei beispielsweise zehn Sitze im Parlament, werden die obersten zehn Leute Abgeordnete. Die Liste war drei Seiten lang und beinhaltete 16 Parteien. Zu guter Letzt war noch eine Liste mit allen Wahllokalen in meinem Wahlkreis mit dazugehörigen Adressen.

Man muss aber auch nicht zu einem Wahllokal innerhalb des eigenen Wahlkreises gehen, sondern kann zu einem Wahllokal seiner Wahl. Die Wahllokale sind für gewöhnlich Gemeindehäuser, Büchereien oder auch Kirchen. In diesem Jahr kamen erstmals sieben Supermärkte in Auckland dazu, in denen man auch wählen gehen kann.

Das Super Wahlwochenende: neuseeländische Wahlplakate am Straßenrand

Schafft man es am Wahltag zu keinem Wahllokal in Neuseeland, kann man auch bis zu zwei Wochen vorher zu ausgewählten Wahllokalen gehen und Advanced Voten. Da wir am Wochenende schon was anderes vorhaben, haben wir am Donnerstagabend vorgewählt.

 

Advanced Voting

Zuerst hatten wir es in der örtlichen Bücherei versucht. Dort wurden wir aber wieder weggeschickt, weil das Wahllokal in zwanzig Minuten schloss und so viel Andrang war, dass wir das nicht mehr geschafft hätten. Wir machten uns auf in ein Einkaufszentrum, in dem das Wahllokal länger offen hatte.

Direkt nach der Eingangstüre stellte ich mich am Ende der Schlange an während Bene versuchte herauszufinden, ob es denn überhaupt die richtige Schlange war. Mitten im Gang des Einkaufszentrums warteten wir eine geschlagene halbe Stunde. Vorne angekommen waren Tische aus Pappkartons aufgebaut, an denen die Wahlunterlagen ausgegeben wurden. Auch die Wahlkabinen waren aus Pappkartons, genau wie die Urne, in die man seinen Stimmzettel einwirft. Nur die Stühle, die waren echt.

Das Super Wahlwochenende: Wahllokal im Einkaufszentrum

Zur Ausgabe des Stimmzettels gaben wir unsere EasyVote Card ab. Die Dame am Papptisch suchte daraufhin unseren Namen in einem großen Ordner, der an ein Telefonbuch erinnerte, und forderte uns auf, den Namen und die Adresse aufzusagen, nachdem sie diese in der Liste gefunden hatte. Zu meinem Erschrecken wollte sie meinen Reisepass oder wenigstens den neuseeländischen Führerschein, der hier wie ein Personalausweis verwendet wird, sehen. Ich erinnerte mich daran, dass sie sich vor ein paar Tagen im Radio darüber unterhalten hatten, dass das zu viel Aufwand wäre. Ich denke aber, es wäre durchaus wichtig, um Wahlbetrug zu verringern.

Genau wie in Deutschland, hat man auch in Neuseeland zwei Stimmen: eine für den Abgeordneten des Wahlkreises und eine für die Partei. Auch die Fünf-Prozent-Hürde für die kleinen Parteien und das daraus resultierende Gerangel um mögliche Koalitionen gibt es hier. Einen kleinen unbedeutenden Unterschied gibt es aber doch. Anstatt eines Kreuzchen macht man hier ein Häkchen! Es zählt aber sicher auch, wenn man es irgendwie anders markiert – hoffe ich!

Nun brauchen wir nur noch abzuwarten, bis wir am Samstagabend um 19 Uhr beziehungsweise Sonntagabend um 18 Uhr im Fernsehen die ersten Hochrechnungen mitverfolgen können!

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